(Ein Kommentar aus der Redaktion)

Sachliche Grundlage

Seit diesem Jahr gilt in Boule-Deutschland die Regel, dass sich ab Turnierbeginn nicht mehr eingespielt werden darf und das gesamte Spielgelände nicht mehr für Probekugeln genutzt werden darf. Besonders nicht zwischen den Spielen, um sich eventuell einzuspielen.

Sinn?

Dass diese Regel gravierende Folgen nach sich zieht, hat wohl „da oben“, wer auch immer diese Regel ins Leben gerufen hat, niemand bedacht. Offensichtlich wollte man mit dieser Regel verhindern, dass sich neben laufenden Partien Tireure warmschießen, deren geschossene Kugeln dann doch auch schon häufiger in die Spielfelder der noch laufenden Partien querschlagen und diese stören. Dass man mit dieser Regel jedoch weitaus mehr Ungerechtigkeit, als alles andere erschuf, so weit dachte wohl niemand.

Kurz kommentiert

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Dass man in Frankreich bereits über die Deutschen lacht? So häufig versucht Deutschland sich international anzupassen und endet am Ende immer wieder „deutscher als deutsch“. Es wäre wahrscheinlich auch in Ordnung gewesen, hätte man eine Regel festlegt, die an noch bespielte Terrains angrenzende Spielfelder vom Probespielbetrieb ausschließt und die Schiedsrichter angewiesen, hier mal ein Auge drauf zu werfen.

Was ich jedoch stattdessen beim vergangenen Liga-Spieltag der BaWü-Liga oder beim DPV-Masters in Edingen-Neckarhausen sehen musste, lies mich staunend verstummen. Ich denke, eine kurze Situationsbeschreibung lässt einen guten Einblick auf die aktuelle Lage zu. Man betrachte das Beitragsbild. Es war 19.30 Uhr, ich war schon lange aus dem Turnier ausgeschieden, die Finalspiele im Boulodrome liefen und ich wollte im Schlosshof noch ein paar Kugeln werfen. Man sieht auf dem Bild, dass auf dem mit 20 Plätzen präparierten Terrain im Schlosshof noch eine D-Turnier Partie am anderen Ende des Geländes stattfand. Ihr könnt es euch schon denken, ich wurde aufgefordert das spielen sofort einzustellen!

Im Laufe des gesamten Tages gab es unzählige gelbe Karten, für Spieler, die weitab vom Turnierbetrieb eine Kugel werfen wollten – sogar auf Rasenflächen wurden gelbe Karten verteilt. Ich möchte jedoch an dieser Stelle auch anmerken, dass ich nicht den Schiedsrichtern die Schuld hierfür geben möchte, da diese ja nur ausführen, was irgendwo anders absurder Weise beschlossen wurde.

Fast noch eine Ecke schlimmer: Beim Ligaspieltag in Rastatt durften sich die Landesligamannschaften, die eine Stunde nach der BaWü-Liga starteten, gar nicht einspielen, da die BaWü-Liga bereits lief. Wie bitte!?

Zielführend? – Nein!

Nun ist die Frage, ob eine solche Regel wirklich für Gerechtigkeit sorgt, schnell mit einem klaren „nein“ beantwortet. Es ist nicht gerecht, wenn beispielsweise die DPV-Equipe in Edingen-Neckarhausen nach ihrem souveränen Viertelfinale, jeder Spieler warf ca. 12 Kugeln, über eine Stunde auf das Halbfinale warten muss und keine einzige Kugel werfen darf, während ihr Gegner quasi im Anschluss an ihr Viertelfinale direkt weiterspielen durfte.

Wo kommen wir hin, wenn sich Mannschaften, die vielleicht nicht dauerhaft ins Viertelfinale oder weiter spielen können, auch nach einem Turnier ein Kugelverbot erhalten? Mich persönlich erwischte es in Edingen-Neckarhausen ebenfalls in der Cadrage und am Ende des Tages spielte ich während des Turniers ca. 50 Kugeln. Lebt unser Sport nicht auch davon, dass er einfach Spaß macht und auch neben dem Turnierspiel noch Kugeln geworfen werden können?

Ich habe jedenfalls kurz recherchiert und präsentiere euch eine Liste aller Sportarten, bei denen man sich vor Spielbeginn nicht einspielen darf:

  • Boule (Deutschland)

(Ende)

Positiv werden vielleicht jedoch die Veranstalter bemerken, dass nicht spielende wartende Menschen eventuell mehr Umsatz bei Getränken, natürlich auch Alkohol, und Essensverzehr generieren. War das nicht ebenfalls in der Vergangenheit ein Ziel: alkoholfreies Boulespielen?

Das schlimmste scheint ja auch erst noch zu kommen. Man stelle sich eine Deutsche Meisterschaft vor. Es wird Poule gespielt. Eine Mannschaft gewinnt relativ schnell zwei Partien und wartet, wie häufig schon vorgekommen, 5h auf das 32tel-Finale und spielt womoglich dann gegen eine Mannschaft, die vor wenigen Minuten die Barrage-Partie gewonnen hat. Ist es dann noch ein Vorteil mit 2:0 durch einen Poule zu gelangen?

Appell

Egal wer diese Regel ins Leben gerufen hat und egal weshalb, bitte nehmt diese Regel zurück oder passt sie sinnvoll an. Es zerstört unseren Sport, hindert Anfänger daran, weiterhin Lust am Spiel zu haben und ist alles andere als professionell.